Kafkas Wohnhaus als Gymnasiast und Student - Kopieren
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Foto: Miets- und Geschäftswohnhaus „Zu den drei Königen“ in der heutigen Celetna 3, der damaligen Zeltnergasse 3
Als Kafka 9 Jahre alt ist, Im September 1892, zog die Familie in das Mietshaus, in dem der Vater sein Geschäft hatte, ins Haus "Zu den drei Königen". Hermann Kafka stieg vom Gassengeschäft in den Großhandel ein. Franz Kafka konnte ins Gymnasium deutscher Sprache gehen. Die Familie lebte hier 15 Jahre lang, bis 1907.
Franz Kafka verlebte hier sein letztes Grundschuljahr...
seine Gymnasialzeit...
und seine gesamte Studienzeit. ...
Es gab kein eigenes Bad, aber fließendes Wasser. Kafka hatte hier erstmals ein eigenes Zimmer mit einem eigenen Schreibtisch, worum ihn seine Mitschüler beneideten. Die Tür zu seinem Zimmer ließ der Gymnasiast Kafka immer offen stehen.

Foto: 1893 bis 1901 (er ist zwischen 10 und 18 Jahre alt) besucht Kafka das Staatsgymnasium mit deutscher Unterrichtssprache im Palais Kinsky, heute die Nationalgalerie in Prag.

Klassenausflüge gab es kaum, wer nicht die geforderte Haltung und Leistung zeigte, musste die Schule verlassen.
Kafka gehörte, außer in Mathe, zu den Bestschülern, hat sich nie geprügelt, nahm gern aber passiv an den Aktivitäten seiner Mitschüler teil.
Im Gassenhof des damaligen Gymnasiums


Kafkas Universität
Kafka studierte hier ein bisschen Chemie, dann Jura, dann Germanistik, dann doch lieber Jura, und er schaffte 1903 die erste Jura-Prüfung mit "gut", die zweite 1906 mit "ausreichend".
Im Haus "Zu den drei Königen" schreibt er:
Das Gassenfenster
Wer verlassen lebt und sich doch hie und da irgendwo anschließen möchte, wer mit Rücksicht auf die Veränderungen der Tageszeit, der Witterung, der Berufsverhältnisse und dergleichen ohne weiteres [...] irgend einen beliebigen Arm sehen will, an dem er sich halten könnte, – der wird es ohne ein Gassenfenster nicht lange treiben. Und steht es mit ihm so, daß er gar nichts sucht und nur als müder Mann, die Augen auf und ab zwischen Publikum und Himmel, an seine Fensterbrüstung tritt, und er will nicht und hat ein wenig den Kopf zurückgeneigt, so reißen ihn doch unten die Pferde mit in ihr Gefolge von Wagen und Lärm und damit endlich der menschlichen Eintracht zu.
https://www.gutenberg.org/files/23532/23532-h/23532-h.htm#Page_75
Aus Kafkas Text „Beschreibung eines Kampfes“, Kafkas erstem erhaltenen Text, etwa 1903-1907 geschrieben, Kafka war also mindestens 20 Jahre alt :
[...] Schon sprang ich mit ungewohnter Geschicklichkeit meinem Bekannten auf die Schultern und brachte ihn dadurch, daß ich meine Fäuste in seinen Rücken stieß in einen leichten Trab. Als er aber noch ein wenig widerwillig stampfte und manchmal sogar stehen blieb, hackte ich mehrmals mit meinen Stiefeln in seinen Bauch, um ihn munterer zu machen. Es gelang und wir kamen mit guter Schnelligkeit immer weiter in das Innere einer großen, aber noch unfertigen Gegend, in der es Abend war.
Die Landstraße, auf der ich ritt, war steinig und stieg bedeutend, aber gerade das gefiel mir und ich ließ sie noch steiniger und steiler werden. Sobald mein Bekannter stolperte, riß ich ihn an seinen Haaren in die Höhe und sobald er seufzte, boxte ich ihn in den Kopf. Dabei fühlte ich, wie gesund mir dieser Abendritt in dieser guten Laune war und, um ihn noch wilder zu machen, ließ ich einen starken Gegenwind in langen Stößen in uns blasen. Jetzt übertrieb ich auch noch auf den breiten Schultern meines Bekannten die springende Bewegung des Reitens und, während ich mich mit beiden Händen fest an seinem Halse hielt, beugte ich weit meinen Kopf zurück und betrachtete die mannigfaltigen Wolken, die schwächer als ich schwerfällig mit dem Winde flogen. Ich lachte und zitterte vor Muth. Mein Rock breitete sich aus und gab mir Kraft. Dabei preßte ich meine Hände kräftig in einander und that, als wüßte ich nicht, daß ich dadurch meinen Bekannten würgte.
Zum Himmel aber, der mir allmählich durch die gekrümmten Äste der Bäume, die ich am Rande der Straße wachsen ließ, verdeckt wurde, rief ich in der erhitzten Bewegung des Reitens: "Ich habe doch anderes zu thun, als immer verliebtes Gerede zu hören. Warum ist er zu mir gekommen, dieser geschwätzige Verliebte? Sie alle sind glücklich und werden es besonders, wenn es ein anderer weiß. Sie glauben einen glücklichen Abend zu haben und schon deshalb freuen sie sich des künftigen Lebens. "
Da fiel mein Bekannter, und als ich ihn untersuchte fand ich, daß er am Knie schwer verwundet war. Da er mir nicht mehr nützlich sein konnte, ließ ich ihn auf den Steinen und pfiff nur einige Geier aus der Höhe herab, die sich gehorsam und mit ernstem Schnabel auf ihn setzten, um ihn zu bewachen.
[...]
Quelle: http://www.kafka.org/index.php?beschreibung, 26.08.2023
1906 - Kafka war 23, in Ausbildung zum Juristen - zog das erfolgreiche Unternehmen von Kafkas Vater in die Zeltnergasse 12, die heutige Celetna 12.
Schon 1907 zog die Familie, und somit auch Kafka, der seinen Doktortitel als Jurist mit Mühe erreicht hat, um ins Mietshaus "Zum Schiff" , gelegen an der Moldau, mit eigenem Fahrstuhl, in den dritten Stock.

Hinter der Brücke über die Moldau lag links das Mietshaus "Zum Schiff". Heute steht dort ein Hotel.
Foto aus: Harald Salfellner: Franz Kafka - Ein Leben in Prag, Vitalis 2022, S. 58
Kafka schreibt hier, seit 1907 für Versicherungsunternehmen arbeitend,
im Winter 1911/12 am Amerika-Roman "Der Verschollene".
Am 1. Januar 1912 schließt sich Kafka seinem Vater an und gründet die „Prager Asbestwerke Hermann & Co.“
1912 (er ist 29) verfasst Kafka in der Nacht vom 22. auf den 23. September die 1913 veröffentlichte Geschichte "Das Urteil".
1912 im November und Dezember schreibt er die Erzählung "Die Verwandlung".